Sonntag, 7. Mai 2017

Was ist Blockchain? Einfach erklärt









Was ist Blockchain?



Die Blockchain-Technologie sorgt für Gesprächsstoff über Industriegrenzen hinweg. Gerade im Finanzsektor findet sie immer häufiger statt, auch die IT-Branche entdeckt sie. IT-Verantwortliche sollten sich Blockchain etwas genauer ansehen, um ihren Nutzen zu begreifen.

Was ist eine Blockchain?


Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen (Buchungssätze in einem Hauptbuch) vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden (daher auch der Begriff "Blockchain" = "Blockkette"). Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks.
Entwickelt wurde das technische Modell der Blockchain im Rahmen der Kryptowährung Bitcoin - als webbasiertes, dezentralisiertes, öffentliches Buchhaltungssystem aller Bitcoin-Transaktionen, die jemals getätigt wurden. Die Bitcoin-Blockchain wächst stetig, da ständig neue Blöcke mit neu abgeschlossenen Bitcoin-Transaktionen hinzukommen. Jeder Computer, der an das Bitcoin-Netz angeschlossen ist, neue Bitcoins erzeugt und/oder die bisher erzeugten verwaltet, verwaltet eine 1:1-Kopie der vollständigen Blockchain, die Ende 2015 bereits rund 50 Gigabyte groß war. Noch ausführlichere technische Informationen zur Bitcoin-Blockchain gibt es bei Wikipedia.

Johannes Kuhn gibt in der Süddeutschen Zeitung eine eingängige und kurze Definition:

„Die Blockchain ist ein digitaler Kontoauszug für Transaktionen zwischen Computern, der jede Veränderung genau erfasst, sie dezentral und transparent auf viele Rechner verteilt speichert. Damit ist die Information nicht (oder nur mit ungeheurem Aufwand) manipulierbar und verifiziert.“
Die Blockchain verwandelt ein ganzes Netzwerk in eine Quelle von Wahrheit, schreibt Blogger Scott Rosenberg in einem lesenswerten Aufsatz (https://backchannel.com/how-bitcoins-blockchain-could-power-an-alternate-internet-bb501855af67).
„The blockchain turns the entire network into its source of truth. It’s a mechanism for us to collectively confer legitimacy on one another.“

Blockchain für Einsteiger

Die Blockchain ist das Rückgrat von Bitcoin und den meisten anderen digitalen Währungen. Sie ist letztlich ein offen einsehbares Hauptbuch von allen Transaktionen. Dieses Hauptbuch ist nicht zentral abgelegt, sondern auf vielen verschiedenen Computern gespeichert, den so genannten Nodes, und aktualisiert. Die dezentrale Ablage und ein Prozess namens Mining (muss nicht bei jeder Blockchain vorkommen) sorgen dafür, dass eine Blockchain von keiner zentralen Autorität verwaltet werden muss.
Bildlich kann man sich die Blockchain als eine Kette von Blöcken vorstellen, in denen jeweils Transaktionsdaten miteinander verknüpft werden. Die Transaktionen werden zu Blöcken zusammengefasst, auf Gültigkeit überprüft und in einem Prozess namens Proof of Work an die bisherige Kette von Blöcken angefügt.
Der Proof-of-Work-Ansatz ist sehr energieaufwendig, sodass die Strom- und Hardwarekosten einen Betrugsversuch, neben anderen Aspekten, sinnlos machen würden. Bei dem Proof-of-Work-Ansatz müssen Rechenaufgaben gelöst werden, die nur durch häufiges Ausprobieren gelöst werden können, was sicherstellt, dass ausreichend Arbeit in die Berechnung und Absicherung der Transaktionen investiert wird.
Es gibt auch noch andere Verfahren, wie z.B. der Proof-of-Stake-Ansatz, wo nicht die Rechenkapazitäten ausschlaggebend sind, sondern die Anteile (Tokens bzw. Coins) an der jeweiligen Kryptowährung.
Inzwischen existieren Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain, die weit über die Funktion eines Finanztransaktionsbuches hinausgehen. Es lassen sich z.B. so genannte Smart Contracts (Verträge, die in Programmcode eingebettet sind) auf einer Blockchain ablegen, mit denen verschiedenste Verwaltungs- und Prozessanwendungen abgewickelt werden können. Dabei ist die Ausführung dieser Smart Contracts in Echtzeit verfolgbar – als logische Weiterentwicklung des Open Source-Gedankens wird mit der Blockchain eine Open Execution möglich.
Beispielsweise können auf diese Art und Weise sensible Daten (z.B. Gesundheitsdaten) oder Eigentumsverhältnisse (z.B. Grundbesitz) über eine Blockchain organisiert und gesteuert werden. Entsprechend interessiert forschen viele Staaten und Unternehmen an dieser Technologie. Hauptbeweggründe sind die Aspekte Sicherheit, Transparenz und Effizienzsteigerung. Die Möglichkeit Prozesse über eine sichere Infrastruktur zu automatisieren und dabei die Gefahr einer Datenmanipulation zu unterbinden ist für viele Institutionen und Unternehmen sehr reizvoll. Schließlich kann jeder jemals getätigte Eintrag in einem Blockchain-Verzeichnis  für immer nachvollzogen und nicht gelöscht oder verändert werden.
Dabei muss immer berücksichtigt werden, dass es nicht die “eine Blockchain” gibt. Eine Blockchain kann sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Eine Blockchain, die in der Verwaltung einer Behörde eingesetzt wird, ist anders konzipiert als beispielsweise die bekannteste Blockchain, die Bitcoin-Blockchain, an der sich meistens orientiert wird.

Was macht die Blockchain so besonders?

Die Blockchain ist die wohl größte technologische Erfindung des Bitcoin-Universums. Ohne Blockchain würde das Bitcoin-System nicht funktionieren, weil neue Bitcoins nur auf Grundlage der bisher erzeugten Bitcoins errechnet werden können und deshalb nachgehalten werden muss, was in der Vergangenheit schon passiert ist. Dennoch muss das Blockchain-Prinzip losgelöst von Bitcoin betrachtet werden. Stellen Sie sich die Blockchain als Rohrleitung vor und Bitcoin als das Wasser, das dort durchfließt. Oder Blockchain als Straße und Bitcoin als Auto. Der daraus folgende Clou: Auf der Grundlage der Blockchain-Technologie lassen sich neue Applikationen entwickeln und komplett neue Ökosysteme begründen.

Welche Vor- und Nachteile hat eine dezentrale Technologie wie Blockchain?

Die Dezentralisierung der IT im Allgemeinen und Blockchain im Speziellen bringt einige Vor- und Nachteile mit. Als Vorteile lassen sich anführen:
  • Schutz großer Datenmengen mittels Verschlüsselung und Zugriffsverwaltung;
  • Möglichkeit, große Datenmengen unternehmensübergreifend zu sammeln und analysieren;
  • einfachere Verifzierung von Datenbezugspunkten;
  • automatische Aufspüren von Schwachstellen in der Lieferkette, im Zahlungsverkehr und anderen Geschäftsprozessen;
  • Reduktion oder Vermeidung von unnötigen Kosten für die IT-Infrastrukur;
  • Reduktion der Kosten für interne und externe Finanztransaktionen, Finanzreporting und Verwaltung;
  • Schaffung eines Mechanismus zur Verbesserung des Vorstandsreportings und des regulatorischen Reportings;
  • Beschleunigung des Jahresabschlusses.
Als Nachteile sind zu nennen:
  • noch wenig individuelle Skalierbarkeit;
  • geringer Datendurchsatz;
  • Einschränkungen beim Speicherplatz;
  • schwer zu verwaltende Berechtigungen;
  • schwierige Integration mit bestehender Legacy im Unternehmen.

Wie kommt die Blockchain in der Finanzbranche schon zum Einsatz?


Schon heute ist vieles in der IT dezentralisiert - dem Internet und der Cloud sei Dank. Mit Anwendungen, die auf dem Blockchain-Prinzip basieren, kommen weiter neue Entwicklungen dazu, die dafür sorgen werden, die aufgeführten Nachteile nach und nach abzubauen. So basiert auch die Kryptowährung Ethereum auf dem Blockchain-Prinzip der dezentralen Rechenleistung und kann als eine Art Brücke zwischen Blockchain und Unternehmens-Systemen gesehen werden.
Die "skalierbare Blockchain-Datenbank" BigchainDB kann bis zu einer Millionen Schreibvorgänge pro Sekunde verwalten, Petabytes an Daten speichern und wartet trotzdem mit einer Latenzzeit von unter einer Sekunde auf - das alles dezentralisiert verwaltet und bei höchster Datenintegrität.
Blockchain-Anwendungsplattformen für die Finanzindustrie, die sich noch in der Entwicklung befinden - wie ERIS oder R3CEV - sollen die "Business-Regeln" der Blockchain-Technologie aufstellen und neue transparente, sichere und nachprüfbare Geschäftsmodelle in die IT, insbesondere der Finanzbranche, bringen. Für den CIO heißt ein solcher neuer dezentralisierter Technologiestack samt wachsendem Ökosystem, dass er seinen Aufgaben besser nachkommen kann: schnellere Fertigstellung für den Geschäftsbetrieb, eine sicherere Transaktionsabwicklung, Kostenreduzierung und engere Orientierung an regulatorischen Vorschriften.
Die Integration mit bereits bestehenden Systemen stellt noch eine Herausforderung dar, ist aber nicht unüberwindbar und lässt sich mit den durch Blockchain zu erwartenden Vorteilen sowohl für die IT als auch fürs Business sehr gut rechtfertigen.

Warum können auch andere Industrien von der Blockchain profitieren?

Die IT entwickelt zunehmend dezentrale Strukturen, weil die Anwender ihre digitalen Daten selbst im Auge behalten möchten. Durch dezentrale Systeme können Informationen in einem Netz von mehreren Rechnern gespeichert werden, die über das Internet zugänglich sind. Mit dem Internet begann die Dezentralisierung der Kommunikation und jeder Mensch erhielt mehr Verfügungsgewalt über die Informationen, die er konsumiert. Im nächsten Schritt werden neben der Kommunikation auch Rechenleistung und Speicher dezentralisiert (Cloud Computing), und mit der Blockchain kommt nun ein weiteres Element hinzu. Die Blockchain befeuert Ideen, nicht nur Kryptowährungen wie Bitcoin über dezentrale Netze zu steuern, sondern auch andere digitale Inhalte wie Kunst, Musik, Texte oder Fotos.
Erste konkrete Praxisbeispiele für den Einsatz von Blockchains in verschiedenen Industrien haben wir im Artikel "Blockchain im Einsatz" zusammengestellt.

Über allem steht das programmierte Vertrauen

Blockchain ist im Grunde eine dynamische Datei, die konstant auf den aktuellsten Stand gebracht wird. Aufgrund ihrer Eigenschaften kann die Blockchain Vertrauen, das vormals von Intermediären als Dienstleistung angeboten wurde, technisch herstellen. Das ist wichtig, wenn Personen, die einander nicht kennen, miteinander ins Geschäft kommen möchten. Blockchain kommt zur richtigen Zeit, denn das Vertrauen in die traditionellen Institutionen des Staates, der Wirtschaft und des Finanzmarktes hat deutlich abgenommen.

Wie sehen die Blockchain-Angebot der großen IT-Konzerne aus?

Große IT-Konzerne springen auf den Blockchain-Zug auf und basteln derzeit an Software- und Service-Ökosystemen rund um die Technologie. So bietet IBM- sowieso schon länger in der Bitcoin-Initiative der Linux Foundation aktiv - innerhalb seiner Cloud Entwicklern die Möglichkeit, eigene Blockchains aufzusetzen. Dazu hat Big Blue auf seiner Entwicklerplattform Bluemix den der Bitcoin-Blockchain zugrundeliegenden Hyperledger-Code zur Verfügung gestellt.
Durch die gleichzeitige Integration des Container-Dienstes Docker sei es "für Entwickler nun in zwölf Sekunden möglich, eine eigene Mini-Blockchain innerhalb einer Sandbox zum Laufen zu bekommen", wie Jerry Cuomo, bei IBM für die Blockchain-Angebote zuständig, im Rahmen der Vorstellung der Services im Februar 2016 unterstrich. "Und nur eine Minute später ist dann die erste vollständige Blockchain-Applikation live."

Auch Microsoft hat den Nutzen von Blockchain erkannt und unter dem Dach von "Ethereum Blockchain as a Service" in der Azure Cloud das "Project Bletchley" gestartet. In nächster Zeit sollen verschiedene Middleware-Tools gelauncht werden, die den Business-Nutzen von Blockchain erweitern. So spricht man beispielsweise mit "Blockchain as a Service"in erster Linie Entwickler an. Als technisches Werkzeug der Lösungen dienen sogenannte "Cryptlets", mit deren Hilfe Anwender externe Daten in eine Blockchain einpflegen können, ohne ihre Sicherheit und Integrität zu zerstören.
Diese Cryptlets lassen sich in jeder beliebigen Prorammiersprache entwickeln und laufen analog zum IBM-Angebot innerhalb eines sicheren Containers. Microsoft sieht den Nutzen der Blockchain-Technologie vor allem in Security-relevanten Themen wie Identitäts-Management und Verschlüsselung und hat entsprechende Services bereits in Project Bletchley integriert.
Weitere große IT-Player wie SAP oder HPE haben die Technologie ebenfalls schon länger unter Beobachtung und evaluieren eigenen Aussagen zufolge noch die Möglichkeiten, Angebote rund um Blockchain zu entwickeln.

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